Analyse früher Veröffentlichungen von Patentdokumenten im Bereich Robotik
Seit Jahren werden die Vor- und Nachteile früher Veröffentlichungen von Patentanmeldungen diskutiert. Dem Vorteil, beispielsweise schnell einen Stand der Technik zu schaffen, der es Wettbewerbern erschwert, eigene Schutzrechte durchzusetzen, kann eine verkürzte Zeit für Entwicklungen entgegenstehen, Marktvorbereitungen zu treffen, Verfahren zu verbessern oder sonstige Maßnahmen zu ergreifen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, um Anmeldern eine frühere Veröffentlichung ihrer Anmeldungen zu ermöglichen, sind in Ländern wie China, den USA oder dem Vereinigten Königreich vor Jahren geschaffen worden. Auch in Deutschland oder beim Europäischen Patentamt ist ein Antrag auf frühere Veröffentlichung nicht mit einem großen Aufwand verbunden.
Bei der Durchsicht von Patentrecherche-Trefferlisten fällt beim Blick auf die bibliografischen Patentdaten immer mal wieder auf, dass ein zu prüfendes Patentdokument schon relativ kurz nach der Anmeldung veröffentlicht wird - manchmal schon nach wenigen Monaten oder sogar nach wenigen Wochen. Bei den Schriften handelt es sich häufig nicht um Gebrauchsmuster, sondern um Patentdokumente, von denen gerne gesagt wird, dass sie gewöhnlich nach 18 Monaten veröffentlicht werden, wenn sie nicht früher erteilt werden. Führen die behördlichen Regelungen also zu einer vermehrten Nutzung früher Veröffentlichungen?
Es wurde eine statistische Analyse durchgeführt, um die Angelegenheit genauer zu untersuchen. Dazu musste zunächst geklärt werden, was genau eine »frühe Veröffentlichung« ist. Es wurde festgelegt, dass eine frühe Veröffentlichung eine Geheimhaltungszeit von weniger als einem Jahr haben sollte, also nach maximal 360 Tagen veröffentlicht sein muss. Dabei wird unter dem Begriff »Geheimhaltungszeit« die Differenz zwischen frühestem Anmeldedatum und frühestem Veröffentlichungsdatum in Tagen verstanden. Üblicherweise endet die Geheimhaltungszeit 18 Monate nach der ersten Anmeldung mit der Veröffentlichung.
Um jede einzelne frühe Veröffentlichung zu erkennen, wurde zur Darstellung ein Streudiagramm gewählt. Die Erwartung war eine diffuse Zunahme von frühen Veröffentlichungen mit der Zeit - und vielleicht mit der Zeit leicht abnehmende Geheimhaltungszeiten. Also eine möglicherweise langweilige Grafik. Um einen Datensatz mit aussagefähigen Daten zu erhalten, wurde beschlossen, die Patentdaten einer Technologie zu visualisieren, in der eine große Patent-Anmeldeaktivität zu verzeichnen ist. Die Wahl fiel auf die Robotik. Oder, technischer formuliert, auf Patentdokumente, die in die IPC- oder CPC-Gruppe B25J 9/00 klassifiziert sind (»programme-controlled manipulators«).
Das Ergebnis der Auswertung war überraschend, und soll deshalb hier vorgestellt werden.
Die Grafik 1 unten zeigt die Daten der gefundenen frühen Veröffentlichungen, die ab 2013 angemeldet wurden. Die Daten für die sechs Anmeldeländer mit den meisten gefundenen Datensätzen sind farbkodiert. Ins Diagramm eingetragen sind die Werte der »frühesten Veröffentlichung« innerhalb einer Patentfamilie.
Es zeigen sich überraschende Strukturen und Datencluster, die eine gewisse Dynamik aufweisen. Mit dem Begriff »Datencluster« ist hier die Häufung von Datenpunkten in der Grafik gemeint.
Es finden sich Cluster unterschiedlicher Farben, Cluster, die durch lineare Unterbrechungen geteilt sind, senkrechte oder auch diagonale, die wie »Kratzer« erscheinen. Aber es sind auch andere Details in der Grafik interessant. Um sich die Daten einzelner Anmeldeländer anzuschauen, können durch Anklicken oder Antippen der Symbole der Anmeldeländer in der Legende oben rechts in der Grafik die entsprechenden Datenpunkte der Anmeldeländer ein- oder ausgeblendet werden.
Im Folgenden sollen die Daten kurz diskutiert werden. Außerdem ist für Interessierte angegeben, wie die Daten erhoben wurden, welche Daten genau in der Grafik zu finden sind, und wie sich die Datenlage unter Berücksichtigung der »normalen« oder »langsamen« Veröffentlichungen darstellt.